Meine Trilogie "Erinnerung an das Feuer" wurde aus einem Gedicht von Konstantinos Kavafis geboren. Beim Lesen des großen griechischen Dichters aus Alexandria fühlte ich eine Herausforderung: Warum nicht die Welt durch das Schlüsselloch sehen? Warum nicht über die Vergangenheit schreiben, die große Geschichte durch die kleine Geschichte erzählen? In Kavafis' Gedicht wird Mark Antons Sieg in Griechenland von einem armen Hausierer beschrieben, der auf seinem Esel reitet, seine Waren anbietet und niemand hört ihm zu. Während einer meiner Touren als Geschichtenerzähler fand ich mich eines Abends in der Stadt Ourense in Galicien wieder. Ein Mann runzelte die Stirn und starrte mich aus der letzten Reihe an, ohne auch nur zu blinzeln: ein Gesicht, gezeichnet von der Landschaft und harter Arbeit, reine Bitterkeit. Als die Lesung endete, näherte er sich langsam, seine Augen fest auf mich gerichtet, bereit, mich lebendig zu häuten. Aber das tat er nicht. Er sagte zu mir: "Wie schwierig muss es sein, so einfach zu schreiben."
Eduardo Galeano

"Der Geschichtensammler" ist das letzte Werk, das Eduardo Galeano vorbereitet hatte, vielleicht als Geschenk für seine Leser, bevor er im April 2015 diese Welt verließ. Und es ist vielleicht sein persönlichstes; darin wählte er, die Themen zusammenzufassen, die sein Leben, Denken und Werk geprägt haben, aber auch unerwartet seine Werkstatt zu öffnen, um darüber zu sprechen, wie er inspiriert wurde, seine Bücher zu schreiben, wie er seine Poetik entwickelte; und, noch unerwarteter, über seine Kindheit, seine Reise, was Leben und Tod für ihn bedeuteten, zu sprechen.

Dieses persönliche, manchmal zärtliche und manchmal bittere Buch, immer geschmückt mit seinem einzigartigen Humor und Skizzen aus seiner Feder, ist der Nachsatz einer kreativen Reise, die das Leben feierte; der Nachsatz eines Dichters, der vor allem den Menschen liebte.