"Das Gehirn ist zweifellos die größte Errungenschaft des langsamen Evolutionsprozesses. Das Wissen über die Funktionen des Gehirns und seine bemerkenswerten Leistungen wie Kunst und Philosophie erhöht unser Schönheitsempfinden und das Staunen, das sie hervorrufen, und ermöglicht es uns, nicht nur die Ergebnisse, sondern auch das Organ, das sie erschafft, zu bewundern."
Mit dieser Ansicht schließt Semir Zeki - Professor für Neurobiologie am University College London und Pionier in der Entwicklung der Neurowissenschaften - die Suche nach dem Wesentlichen, dem Bemühen, das Ewige vom verzweifelt Vergänglichen zu unterscheiden, ab. Das Wesentliche ist jedoch nichts anderes als die bereits vorhandene (platonische) Idee in uns, die nach Ansicht des Autors mit dem Archiv der Formen und Zustände identifiziert ist, das das Gehirn aufgezeichnet hat. Entstehen die Schöpfungen des Künstlers nicht auch aus diesem Archiv? Aus diesem Grund kann keine Kunsttheorie vollständig und tiefgründig sein, ohne Kenntnis des Gehirns.
Viele mögen der Meinung sein, dass die Arbeit von Künstlern und das Gehirn wenig miteinander zu tun haben. Zeki zitiert jedoch Leonardo da Vinci, der bereits im 15. Jahrhundert schrieb, dass unter allen Farben die angenehmsten diejenigen sind, die einen chromatischen Wettbewerb haben, und unterstützt damit eine physiologische Wahrheit über das visuelle Gehirn. Zeki beschreibt dann mit überzeugenden Beweisen, wie verschiedene Bereiche des Gehirns auf verschiedene Merkmale der bildenden Kunst wie Farbe, Form, Linie und Bewegung reagieren, und argumentiert, dass die Art und Weise, wie wir Kunst erleben, und die Funktionsweise des Gehirns miteinander verbunden sind.
Inner Vision ist ein Buch, das tiefgründige Einsichten und einen leichten Stil kombiniert, illustriert mit exquisiten Kunstwerken, und wird für Wissenschaftler und Künstler sowie für diejenigen, die eine einzigartige Perspektive auf das "Lesen" eines Kunstwerks suchen, eine faszinierende Lektüre sein.