Von den letzten beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts an wird der Begriff "Antisemitismus" in den meisten westlichen Ländern als allgemeiner Begriff verwendet, der die Gesamtheit der Erzählungen, Darstellungen, Überzeugungen, Praktiken und institutionellen Formationen charakterisiert, deren historische Ausdrucksformen durch eine feindliche Haltung gegenüber Juden, ihren religiösen Überzeugungen und ihrer Lebensweise gekennzeichnet sind. Diese Feindseligkeit äußert sich sozial durch Diskriminierung und Verfolgung, die darauf abzielen, Juden anzuklagen oder einzuschüchtern, um sie von einem Ort zu isolieren oder auszuschließen, und nimmt verschiedene Formen hinsichtlich Intensität, Sichtbarkeit in der Gesellschaft und ideologischer Akzeptanz an. In der Regel geht diese Feindseligkeit bei denjenigen, die sie konkret zum Ausdruck bringen, mit Gefühlen von Angst, Misstrauen, Hass, Verachtung oder Groll einher und tritt in unterschiedlichen Proportionen auf.
Antijüdische Ideologien verändern ihre Form, wenn sie von einer Nation auf eine andere, von einer sozialen oder kulturellen Einheit auf eine andere übergehen. Im Gegensatz zur allgemein verstandenen Bedeutung des Begriffs ist "Antisemitismus" ein komplexes, multidimensionales, multifaktorielles, heterogenes und ständig wandelndes Phänomen.
Dieser Band präsentiert ein vollständiges und effektives Panorama, das durch Argumente gestützt wird, eines Konzepts, das leider relevanter ist denn je. Pierre-André Taguieff untersucht alle Formen der Judenfeindlichkeit, um zu zeigen, wie sie auf rückwirkenden Rationalisierungen beruhen, die Hass, Ängste und Leidenschaften ungerechtfertigt legitimieren sollen.