In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, insbesondere nach 1968, wurde das moralische Denken in den meisten westlichen Ländern diskreditiert und verlor an Bedeutung. Diese Diskreditierung findet nicht nur im intellektuellen Bereich statt, sondern auch im Alltag der Menschen, mit all dieser Bewegung des Hinterfragens, der sexuellen Befreiung, des Hedonismus und des alltäglichen, glücklichen Nihilismus. Die Diskreditierung der Ethik blieb auch die orthodoxe Theologie nicht unberührt. Die Theologie der russischen Diaspora und die Theologie der 60er Jahre in Griechenland, die weitgehend von der erstgenannten inspiriert ist, setzen Ethik mit Moralismus gleich und unterschätzen ihre Bedeutung.

In den letzten Jahren hat die Ethik jedoch ein starkes Comeback in der spirituellen Szene gemacht, aber die Art und Weise, wie sie heute existiert, ist anders als in der Vergangenheit, sie ist eher diffus. Sie betrifft nicht nur das philosophische Denken, sie ist keine Abzweigung davon, sondern durchdringt verschiedene Bereiche menschlicher Aktivität wie Wissenschaft, Forschung, Medizin, Arbeit und Medien.

In diesem Buch liegt der Schwerpunkt mehr auf der christlichen Ethik, ausgehend von der biblischen Quelle, die die Ethik für immer in Bezug auf andere und nicht in Bezug auf sich selbst definiert hat. Die christliche Ethik kann jedoch nicht ohne die ethischen Fragen und philosophischen ethischen Untersuchungen unserer Zeit entwickelt werden, sondern in ständiger Auseinandersetzung mit ihnen.