"Das Kapital im 21. Jahrhundert" erneuert das zeitgenössische ökonomische Denken und seine Perspektiven, ähnlich wie Karl Marx' Werk gleichen Titels im 19. Jahrhundert. Das 20. Jahrhundert war zunächst von einer Verringerung der Ungleichheiten geprägt. Kriege verursachten eine beispiellose Umverteilung des angesammelten Reichtums. Doch das Wachstum in Friedenszeiten führte zu einem Anstieg der Ungleichheiten, da die Rendite auf Kapital größer ist als die Wachstumsrate der Wirtschaft. Gleichzeitig verschärft ein neues Phänomen die Ungleichheiten: die jenseits aller Vernunft steigende Vergütung der Elite-Manager. Zudem erzielen große Vermögen höhere Renditen, je größer die anfängliche Vermögensanhäufung ist. Das Ergebnis ist eine kontinuierliche Ausweitung der Ungleichheiten, die unsere Welt auf den extremen Punkt zurückführt, an dem sie sich vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs befand. Die Prinzipien der Meritokratie und der sozialen Gerechtigkeit treten zurück.

Piketty beschränkt sich nicht auf die wissenschaftliche Beschreibung, sondern versucht einen großen politischen Eingriff. Seine Antwort ist mit kämpferischer Klarheit formuliert: Es bedarf internationaler Zusammenarbeit, um eine globale Steuer auf Kapital zu erheben. Dies ist eine dringende Notwendigkeit, da der Anstieg der Ungleichheiten eine direkte Bedrohung für die Demokratie darstellt. Mit seinem Scharfsinn, dem Umfang der Daten, der Tiefe und historischen Reichweite, vor allem aber mit seinem klaren Blick auf die großen unsichtbaren Kräfte der Wirtschaft und Geschichte, die die Entwicklung von Staaten und Gesellschaften bestimmen, ist "Das Kapital im 21. Jahrhundert" das imposanteste Werk der wissenschaftlichen Forschung in den Wirtschaftswissenschaften unseres Jahrhunderts, dieses Jahrhunderts, das mit dem Fall der Berliner Mauer und der Schaffung des ersten wirklich globalen Kapitalmarktes der Geschichte begann. Darüber hinaus tauft Piketty die Ökonomie jedoch in ihren grundlegenden Ursprüngen neu: Er erinnert uns an ihre untrennbare Verbindung mit dem Bereich der Sozialwissenschaften und entlarvt den Mythos der Trennung der ökonomischen Analyse von der Politik.