Faust hat die gesamte menschliche Erkenntnis erobert, aber kurz vor dem Ende seines Lebens fühlt er, dass er nichts über das wirkliche Leben weiß. Er sehnt sich nach einem Moment, der ihm die Bedeutung der Welt, der menschlichen Existenz offenbart. Seine Vereinigung mit Mephistopheles öffnet ihm die Tür zur dunkelsten Seite seiner selbst. Dieses dämonische Alter Ego befeuert Fausts Sucht nach ewiger Bewegung durch die Verleugnung jeglicher Grenzen und Einschränkungen der Freuden. Die beiden stürzen sich mit jugendlichem Eifer "in das Zeitalter der Gewalt wie in einen Rausch nach einem Trauma" (St. 1754-1755), auf der Suche nach mehr Schmerz, mehr Vergnügen, mehr Macht in einem Universum verzweifelter und stummer Menschen, gleichgültiger Götter.

Faust ist ein philosophisches, visionäres, tragisches, poetisches und satirisches Werk, das für die moderne europäische Literatur grundlegend ist und gleichzeitig der Maßstab für szenische Leistungen des 20. Jahrhunderts bleibt und eine große Herausforderung für Bühnenschaffende darstellt.

[Anmerkungen zum Werk]