Im Yacoubian-Gebäude, einem in den 1930er Jahren in Kairo erbauten Apartmentkomplex, einem Überbleibsel früherer Pracht, leben und arbeiten Menschen verschiedener sozialer Klassen und bilden einen treuen Mikrokosmos der modernen ägyptischen Gesellschaft. Der Autor, der die Tradition von Naguib Mahfouz fortsetzt, beobachtet seine Charaktere, die Bewohner des Gebäudes, reich und arm, gut und schlecht, ohne sie zu verurteilen, mit einem zärtlichen und liebevollen Blick, mit Schmerz und Verständnis. Wir erleben die Hoffnungen und den Aufstand von Taha, einem jungen Islamisten, der davon träumt, Polizist zu werden, die Bitterkeit und Enttäuschung von Hatim, einem homosexuellen Intellektuellen in einer Gesellschaft, die Vergnügen, aber keine Liebe erlaubt, die Nostalgie nach einer glanzvollen Vergangenheit des nun gefallenen Aristokraten Zaki, die Fehltritte der armen und schönen Bousaina.

Aswany, mit einem zärtlichen und unkritischen Blick, erschafft außergewöhnliche Charaktere, die alle ohne Ausnahme in die Falle einer Gesellschaft geraten, in der politische Korruption mit unrechtmäßiger Bereicherung, religiöser Heuchelei und dem Aufstieg des Islamismus verbündet ist, wo die Arroganz und Gesetzlosigkeit der Mächtigen in der Ausbeutung der Schwachen mündet, wo jugendlicher Idealismus leicht in Extremismus umschlagen kann und wo dennoch Ideen und Ansichten für eine gewaltfreie Gesellschaft ihren Ansehen bewahren. Der Roman zeigt uns, was jeder um sich herum sehen kann, aber was nur die Literatur wirklich enthüllen kann.

"Das Yacoubian-Gebäude" ist zu einem ikonischen Buch der arabischen Literatur geworden, das weltweit immer wieder gelesen wird, und seine Kraft erschöpft sich nicht in seiner außergewöhnlichen, in der Tat, Einsicht in Ägypten an der Wende zum zwanzigsten Jahrhundert. Als würdiger Erbe von Dostojewski und Zola spricht Aswany auf eindrucksvolle Weise über die menschliche Verfassung, über menschliche Leidenschaften und Schwächen, über Träume und Misserfolge, und sein Spiegel, mitfühlend und philanthropisch, ist aus diesem Grund umso erschreckend wahrer.