Von relativ jungem Alter an schrieb Schopenhauer verschiedene Gedanken in ein Notizbuch, sowohl eigene als auch die anderer Denker, für den persönlichen Gebrauch im Alltag. Gegen Ende seines Lebens sprach er oft mit seinen Schülern über dieses Notizbuch, das er, in Anlehnung an den Ausdruck von Marcus Aurelius, als "Die Betrachtungen" bezeichnete und nach seinem Tod zur Veröffentlichung vorgesehen hatte. Das Notizbuch verschwand jedoch mysteriöserweise nach seinem Tod. Dennoch wurde auf der Grundlage der Biografie des Philosophen, die von einem seiner Schüler geschrieben wurde, der das Notizbuch angeblich für sich behielt und daraus genaue Auszüge niederschrieb, eine zuverlässige Rekonstruktion seines Inhalts möglich.

Die Sammlung von Gedanken, die in dem Notizbuch enthalten sind, macht Schopenhauers Persönlichkeit und Einstellung zum Leben für den Leser spürbar. Der Philosoph spricht hier über verschiedene Fragen seines persönlichen Lebens und wie er damit umgeht: seine finanzielle Situation, seine Beziehungen zum anderen Geschlecht, die Ängste und Sorgen, die ihn gequält haben, seine unerschütterliche Überzeugung hinsichtlich seines Berufs und der ihm anvertrauten Arbeit, seine Einsamkeit und Menschenfeindlichkeit. Er spricht über all dies in einem lebendigen Dialog mit anderen Philosophen, Denkern und Dichtern und entfaltet dabei seinen unverkennbaren persönlichen Geist und Stil, der so kritisch und beißend ist...